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Transkript: Nachsorge von brandverletzten Kindern - was Angehörige wissen sollten

 

Veröffentlichung der Folge: Januar 2024

In unserem Podcast „Paulinchen zum Hören“ beschäftigen wir uns in einer eigenen Folge mit der Nachsorge von brandverletzten Kindern. Unter anderem sprechen wir über gute Nachsorgekonzepte und auch über Schwierigkeiten, die während der Nachsorge aufkommen können. Lesen Sie hier nach, wie wir mit Hilfe eines Experten alle Fragen dazu klären.
Es ist eine absolute Ausnahmesituation, in der sich Eltern und andere Angehörige von brandverletzten Kindern in der ersten Phase nach dem Unfall befinden. Und nach der Akutbehandlung in der Klinik kommen dann oft viele Fragen auf, etwa zur Narbenpflege, zu Kontrollterminen und zu nachfolgenden Therapien. Selbstverständlich informiert das behandelnde Team im Krankenhaus immer über die Therapieschritte beim betroffenen Kind. Dabei steht die medizinische Versorgung im Vordergrund. Wenn Angehörige sich zur weiteren Nachsorge selbst informieren wollen, greifen viele zuerst auf das Internet zurück. Dort kursieren jedoch auch Fehlinformationen, die zusätzlich verunsichern können. Eine verlässliche Auskunft zu den Themen rund um die Nachsorge ist also immens wichtig.
Dr. Andreas Strack, Oberarzt in der Klinik für Kinderchirurgie und Kinderurologie sowie im Zentrum für schwerbrandverletzte Kinder am Klinikum Kassel, gibt uns verlässliche Informationen rund um die Nachsorge von brandverletzten Kindern und Jugendlichen.

Herr Dr. Strack, wofür ist die Nachsorge überhaupt wichtig?
Im akuten Stadium geht es erst einmal darum, die Wunden zu schließen. Wenn die Schädigung so tief ist, dass die Haut sich nicht mehr vollständig regenerieren kann – bei bestimmten Verbrennungsgraden ist das immer der Fall – dann bleibt eine Narbe übrig. Aber Narbe ist nicht gleich Narbe, sondern es gibt gute und es gibt schlechte Narben. So erkläre ich das auch häufig den Eltern. Und wir wollen natürlich gute Narben haben. Gute Narben sind weich, flach, ein wenig gerötet, möglichst unscheinbar, und sie sind funktionell besonders gut. Funktionell heißt, dass ich meine Gelenke alle bewegen kann zum Beispiel. Oder die Mimik im Gesicht funktioniert und die Narben sehen kosmetisch auch noch relativ unscheinbar aus. Da setzt natürlich die Nachsorge an, und quasi jeder, der in einem Zentrum arbeitet, ist auch ein Spezialist für Nachsorge, denn Nachsorge gehört absolut zur Therapie dazu. Wir können noch so gut sein in unserer ersten Phase in der Akuttherapie. Aber wenn wir nicht nachsorgen, wird das Ergebnis nicht so bleiben, sondern es wird in der Regel viel, viel schlechtere Narben geben.

Kann man zeitlich festlegen, wann die Nachsorge beginnt und wie lange sie insgesamt dauert? Gibt es da ungefähre Zahlen?
Die Rehabilitation, was ja auch Nachsorge ausmacht, fängt im Prinzip schon am Unfallort an – wenn wir daran denken, dass eine sehr gute Schmerzmittel-Versorgung der Kinder sicherlich förderlich ist. Das fängt schon sehr früh an, aber man muss natürlich sagen, das sind noch nicht konkrete Maßnahmen der Nachsorge. Da würde ich dann ansetzen vor der Entlassung, wenn wir mit den Operationen durch sind, wenn im Prinzip die Haut wieder geschlossen ist, die ersten Narben sozusagen entstehen – dann beginnt die Nachsorge. Dann leiten wir die Eltern in der Nachsorge in bestimmten Therapieformen an und nach der Entlassung geht die Nachsorge in eine ambulante Nachsorge über, wo wir regelmäßig die Patienten wiedersehen. Am meisten sind bei uns die Bandagisten beschäftigt – das geht schon über Jahre. Und manchmal ist es so, dass es aufgrund des Wachstums der Kinder auch sein muss, dass wir sie bis zur Volljährigkeit begleiten. Also Nachsorge ist auf jeden Fall eine Langzeitbetreuung.

Wie sieht ein gutes Nachsorge-Konzept aus? Aus welchen Elementen besteht das im besten Falle?
Jede Nachsorge sollte am Ende genau auf den Patienten zugeschnitten sein. Aber es gibt gewisse Säulen! Wichtig sind erstmal die Ziele der gesamten Behandlung, aber auch der Nachsorge: Das ist die möglichst frühzeitige Wiederherstellung jeder Funktion, also dass wir unsere Gelenke bewegen können, dass eine Mimik da ist. Auch die Ästhetik, kosmetisch, ist sicherlich ein wichtiges Ziel. Können wir die nicht erreichen, dann ist das Ziel zumindest die Minimierung der Folgeschäden und dass Einschränkungen kompensiert werden können, zum Beispiel durch Kontrakturen an den Händen, also wenn die Beweglichkeit der Hände eingeschränkt ist.
Diese Zielsetzung ist erstmal die Grundlage für jedes Nachsorgekonzept. Und dann gibt es vier Felder, die wir bearbeiten müssen. Zum einen die lokale Narbenpflege. Die Kompressionstherapie gilt noch immer als Goldstandard der Narbentherapie, zumindest im deutschsprachigen Raum. Und dann sind noch Felder wie die Bewegungstherapie – ganz wichtig! – und die psychosoziale Begleitung, die auf keinen Fall vergessen werden darf. Unter diesen großen Säulen der Therapie subsumieren sich dann bestimmte Aufgaben, die wir zu erfüllen haben und die wir in der Nachsorge immer wieder kontrollieren. Es ist ja nicht jede Narbe wie die andere!

Gibt es typische Stolpersteine in der Nachsorge?
Das ist manchmal die Zeit. Wir dürfen nicht vergessen: Wenn wir in einer Akutsituation sind, dann wollen wir eine Wunde verschließen, und relativ rasch gelingt uns das oder weniger rasch. Aber je rascher, desto weniger Narben erwarten wir auch. Und hier ist es ganz wichtig, dass wenn wir Narben erwarten, über Gelenken oder an den Händen zum Beispiel, dass wir schon sehr frühzeitig Maßnahmen der Nachsorge mit in die Therapie integrieren – das ist zum Beispiel das Dehnen der Narben oder auch Lagerungstherapien. Sodass es erst gar nicht zu Kontrakturen, also zu Einschränkungen der Finger-Beweglichkeiten, kommen kann. Deshalb sollte man unbedingt frühzeitig anfangen und frühzeitig daran denken, bevor der Schaden da ist. Es kann schnell passieren, dass man als Eltern vielleicht an seine Grenzen stößt und sich vielleicht auch mit der Pflege des Kindes unsicher ist oder überfordert fühlt. Dann unbedingt Rücksprache halten, auf uns zukommen.
Ganz wichtig: Wir versuchen natürlich, auch von uns aus zu erkennen, ob jemand ein Problem oder eine Frage hat. Wir werden dann bewusst Raum schaffen für die Fragen, für die Fragen der Eltern. Aber bitte auf keinen Fall den Kopf einziehen, sondern aktiv werden! Außerdem leiten wir die brandverletzten Kinder, bevor sie entlassen werden, so an, dass sie die Maßnahmen zu Hause durchführen können. Sie sollen auch erst dann nach Hause gehen, wenn sie das sicher beherrschen. Das kann dann durchaus auch mal einen stationären Aufenthalt verlängern – aber es ist gut investierte Zeit.
Mein Tipp ist auch der „Kleine Wegweiser“, den man bei Paulinchen e.V. anfordern oder auch runterladen kann. Da gibt es viele Informationen und Tipps.

Als Hauptbotschaft könnte man also sagen: Tatsächlich erst dann die Klinik verlassen, wenn man sich das wirklich komplett zutraut … Und ab wann braucht ein Kind Kompression? Wie bekommt man eine gute Kompressionstherapie und gibt es das auch beim Sanitätshaus um die Ecke?
Beim Sanitätshaus um die Ecke wäre ich ein bisschen vorsichtig. Wir haben es ja mit einer ganz spezifischen Patientenklientel zu tun, nämlich mit Kindern. Da braucht es sehr viel Erfahrung, eine Kompression zu etablieren, eine Kompression einzumessen und dann auch zu überprüfen. Deswegen arbeiten die meisten Zentren, so wie ich es kenne, auch mit bestimmten Sanitätshäusern zusammen. Alle Kinder, die wir transplantieren müssen, werden mit Kompression sicher versorgt, und alle mit einer verzögerten Wundheilung, also wo wir von vornherein wissen, dass die Wunde tiefer ist, brauchen häufig eine Kompressionstherapie – und die sollte dann schon im stationären Setting zumindest eingeleitet werden, um die Patienten anleiten zu können.

Das gilt wahrscheinlich auch für die Kontrolltermine, um zu schauen, wie es sich bisher entwickelt hat: Dass man da eben auch nicht einfach zum Kinderarzt oder zur Kinderärztin geht ...
Das ist absolut so! Jedes Zentrum, das mir bekannt ist, hält deswegen auch eine Spezialsprechstunde für brandverletzte Kinder oder auch für die schwerbrandverletzten Kinder vor. Bei uns ist das einmal in der Woche, dass wir dann die Patienten sehen können. Die Abstände zwischen den Besuchen sind natürlich abhängig vom Verlauf und wie lange das Ganze schon her ist. Sicherlich ist es so, dass man sich am Anfang häufiger sieht. Das kann auch mal wöchentlich sein, wenn eine Behandlung noch nicht komplett abgeschlossen ist. Später ist es dann meist ein Standardabstand von drei Monaten.

Was wird überhaupt gemacht bei den Kontrollterminen?
Wir schauen zunächst mal, wenn wir eine Kompressionstherapie haben, ob die überhaupt noch richtig sitzt. Meist ist das der Fall. Wenn die Kompression ein halbes Jahr alt ist, müssen wir sie erneuern, weil wir wissen, dass die elastischen Fasern ihre Funktion nicht mehr erfüllen. Dann schauen wir uns die Narben genau an, schauen, wie sie sich entwickelt haben, welche Farbe sie haben, überprüfen die Elastizität der Narben, sind sie erhaben oder nicht und müssen wir die Therapie gegebenenfalls verstärken? Wir können zum Beispiel unter der Kompression noch zusätzlich Silikon-Sheets einsetzen, womit sich eine Narbe dann noch weicher gestalten lässt. Und dann fragen wir natürlich auch die Eltern, ob Probleme aufgetreten sind, ob noch viel Juckreiz besteht, ob die Narbe an der einen oder anderen Stelle aufgegangen ist oder nicht. Das sind alles wichtige Dinge, die dann besprochen werden hinsichtlich der weiteren Therapie.

Eben haben Sie zwei weitere Stichpunkte genannt, einmal Juckreiz und zum anderen, dass auch kleine Hautirritationen entstehen können. Ist Juckreiz normal und wie sollte man damit umgehen?
Ja, Juckreiz ist zunächst tatsächlich normal. Der tritt auf im Rahmen der Wundheilung und der Narbenbildung. Das Paradoxe ist dann manchmal, dass man den Eltern erklären muss, dass die Kinder gerade wegen des Juckreizes die Kompression tragen müssen, und dann sagen sie manchmal: Aber wenn ich die Kompression trage, dann juckt es. Wir wissen aber sehr gut, dass gerade diese Maßnahmen in der Langzeitfolge sehr hilfreich sind, um den Juckreiz zu unterbinden. Nach kürzeren Abständen ist das Feedback dann meist so, dass es viel besser geworden ist. Gegen Juckreiz helfen natürlich auch andere konservative Maßnahmen wie das Eincremen – aber dann bitte dünn auftragen. Keine dicken „Panzer“ schaffen, die dann letztendlich zu noch mehr Juckreiz führen. Es hilft ganz viel auch mit einer Kühlung, die unterstützend wirken kann. Und wenn alles nichts hilft, dann müssen wir natürlich auch medikamentös rangehen.

Wie kann ich denn herausfinden, welche Creme die beste für das Kind ist? Oder kann man da jede nehmen?
Ich sage den Eltern immer sehr bewusst: Es gibt keine Wundercreme! Paulinchen hat mal vor Jahren eine kleine Studie gemacht, um herauszufinden, ob es eine Creme gibt, die da irgendwie gegenüber anderen einen Vorteil zeigt. Das gibt es definitiv nicht – und das ist ganz wichtig, dass man den Eltern das erst mal sagt. Denn verständlicherweise suchen sie nach jedem Strohhalm, nach jeder Information im Internet. Wichtig ist, dass es eine rückfettende Creme ist und dass man bei einem Prinzip bleibt. Wenn man ständig wechselt und immer wieder was Neues nimmt, das verträgt die Haut nicht so gut.

Das zweite war die Hautirritation durch Bläschen oder Pickelchen, wodurch es zu Spannungsgefühlen kommen kann. Was sollte man dann tun?
Das kommt immer drauf an: Ist es wirklich etwas, was primär noch mit der Narbe zu tun hat? Wir sehen gerade am Anfang durchaus auch bei Patienten, die große Transplantationsflächen haben, noch relativ instabile Narben – dann kann es tatsächlich so sein. Unter Umständen sollte man dann die Therapieformen unterbrechen, Silikon auf jeden Fall pausieren. Wenn unter Kompression die Flächen größer werden, dann muss man auch mal pausieren, damit die Haut einfach wieder abheilen kann. Wir empfehlen dann häufig, die Haut zu gerben. Das kann man z. B. mit Braunkohlelösungen machen, aber auch mit anderen Mitteln. Und wenn die Haut wieder verheilt ist, dann wieder einsteigen in die andere, in die vorausgegangene Therapieform. Es gibt manchmal kleine Frieselchen oder so Dinge, die Hautirritationen zeigen. Manchmal ist es dann notwendig, nochmal einzugreifen in die Therapie, wie gecremt wird. Oft wird zu dick aufgetragen, die Haut vielleicht auch nicht ausreichend gereinigt. Dann kann man zu Maßnahmen greifen, wie zum Beispiel die Desinfektion der Haut mit Octenisept, bevor man dann Cremes benutzt – sollte es dann aber gut einziehen lassen. Oder es gibt auch Polyhexanit-Schaum, zum Beispiel bei ganz hartnäckigen Fällen, den man sich besorgen kann – der ist auch ganz gut und hilfreich.

Stichwort: Wärme und Kälte. Muss man da etwas beachten? Und ab wann darf das Kind zum Beispiel wieder in die Sonne?
Sicherlich muss man da einige Dinge beachten. Das fängt mit dem kleinen Tipp an, wenn wir ein schwerbrandverletztes Kind mit ausgedehnter Verletzung, sagen wir 30 bis 40 %, haben und es hat eine schwere Verbrühung erlitten, dann geben wir den Eltern mit auf den Weg, dass man – wenn es nicht sowieso schon in der Klinik angemahnt wurde – beim Baden des Kindes das Badewasser nicht zu heiß macht. Oder im Winter sehen Eltern erschrocken, dass die Narben wieder mehr gerötet sind. Das ist häufig ein Effekt vom Rein-/Rauskommen, von Kälte und Wärme, und dann gehen die Kapillaren in der Wärme auf – und dann sieht das halt röter aus. Es ist aber nichts Schlimmes passiert bei der Narbe. Beim Thema Sonne muss man aufpassen! Es ist ja eine vorgeschädigte Haut, was wir nicht mehr rückgängig machen können. Die braucht insbesondere vor der Sonne einen Schutz. Wir empfehlen Sonnencreme mit einem Lichtschutzfaktor von mindestens 50. Bei vorgeschädigter Haut kann Sonnenbrand Dauerschäden verursachen. Das Eincremen mit Sonnencreme sollte tatsächlich lebenslang in diesen Bereichen erfolgen.
Aber: Bei großen Flächen kann es zu Vitamin-D-Mangel kommen, wenn zu viel Creme benutzt wird. Da gab es tatsächlich Fälle in Australien. Als Letztes noch: Auf der Haut können auch braune Flecken entstehen, wenn man die Haut vor allem im ersten Jahr nach der Verletzung nicht noch zusätzlich bedeckt. Deshalb unbedingt im ersten Jahr direkte Sonneneinstrahlung vermeiden, dann vermeidet man auch diese Flecken.

Was ist mit dem Aufenthalt im Wasser oder im Meer oder auch Chlor in Schwimmbädern – geht das so einfach?
Wir empfehlen mittlerweile den Eltern, dass man das machen kann oder zumindest ausprobieren kann – auch relativ früh, also wenn eine Wunde komplett geschlossen ist. Wenn natürlich noch Kruste drauf ist, dann sollte man nicht in ein öffentliches Schwimmbad gehen. Aber sobald wir eine geschlossene Narbe haben, empfehlen wir das sogar. Das Schwimmen ist sicher auch eine gute Möglichkeit, sich zu bewegen. Ich sage dann häufig: Probieren Sie es mal privat aus. Aber nicht direkt für den Schwimmkurs anmelden, weil es tatsächlich Patienten gibt, aber ganz, ganz wenige, die dann doch mal auf das Chlor ungünstig reagieren. Dann gibt es Rötungen und Juckreiz oder so was. Das kann man dann abspülen, und vielleicht ein halbes Jahr später kann man das noch mal versuchen.

Die gleiche Empfehlung gilt wahrscheinlich auch beim nächsten Thema: Wann darf das Kind wieder Sport machen?
Ja, auch das ist letztendlich förderlich für die Narben. Die Narben müssen beansprucht werden, damit sie sich auch so ausrichten, dass wir unseren Bewegungsumfang wieder vollständig herstellen. Kinder haben einen großen Bewegungsumfang, und das sollten sie so früh wie möglich wieder tun.

Wie erkenne ich, ob die Narben ausgereift sind? Und was bedeutet das eigentlich, dass sie ausgereift sind?
Ja, der ganz wesentliche Punkt ist, dass die Narbe unter Kompression irgendwann ausblasst – sie ist dann nicht mehr rot und blasst aus. Sie macht auch keinen Juckreiz mehr und ist relativ stabil in ihrem Aussehen. Das ist dann eine sogenannte ausgereifte Narbe, die diese Maßnahmen der Kompressions-Therapie, die ja zum Teil schwer in den Alltag eingreift, einfach nicht mehr notwendig macht. Es gibt einen schönen Satz, der im Lehrbuch der Chirurgie steht: „Jede Narbe wird mit der Zeit tatsächlich schöner.“ Und das können wir, wenn man es viele Jahre macht, tatsächlich auch beobachten: Jede Narbe wird irgendwie besser mit der Zeit. Nichtsdestotrotz müssen wir die Maßnahmen und die Nachsorge frühzeitig durchführen, damit wir relativ rasch stabile Verhältnisse erreichen.

Wir haben noch nicht gesprochen über Physiotherapie und Ergotherapie. Ab wann sind diese Therapien notwendig oder sinnvoll?
Die Physio- und Ergotherapie ist immer dann sinnvoll, wenn die Gelenke betroffen sind. Also wenn Narben über Gelenke gehen. Dann ist die klassische Physio- und Ergotherapie, die wir uns vorstellen, notwendig. Die Narbenmassage ist bei jedem Patienten, der eine Narbe entwickelt, sinnvoll. Das machen aber meistens die Patienten ja selbst oder ihre Eltern, je nach Alter. Frühzeitig sollte man auch die Kinder mit ins Boot nehmen – dass sie, wo sie rankommen, auch selbst ihre Narben massieren. Das machen sie, indem sie cremen und massieren. Das sollte täglich so früh wie möglich begonnen werden. Natürlich muss man bei der Einheilung von Transplantaten ein bisschen warten, etwa drei bis vier Wochen, bis man mit der Massage beginnen kann. Eincremen kann man aber durchaus früher.

Sie haben am Anfang noch einen wichtigen Baustein genannt: die psychologische Nachsorge. Nach dem Unfall sind Kinder vielleicht sehr anhänglich und wollen nicht alleine schlafen. Was macht man da?
Das ist etwas, was für uns am schwierigsten zu fassen ist. Ein häufiger Grund sind Ressourcen, die einfach fehlen. Umso wichtiger ist Paulinchen e.V., wo man sich um die Kommunikation der Betroffenen untereinander kümmert, Seminare durchführt und vieles mehr – das ist sehr wichtig, auch in der Vermittlung vor Ort. Wir haben ja auch Patienten, die durchaus von viel weiter herkommen. Paulinchen ist unglaublich hilfreich, was die psychosoziale Begleitung angeht.

Haben Sie zum Schluss noch einen Tipp für die Eltern? Um ihnen zusätzlich Hoffnung zu geben, dass die Zeit wirklich alle Wunden heilt.
Der wichtigste Tipp für Eltern: Nicht resignieren! Ich habe mal in einer Veröffentlichung geschrieben: „Die erfolgreiche Nachsorge erfordert von mir und von uns nicht nur die medizinische Expertise, sondern auch das Vertrauen auf die Eltern, auf die Kinder, auch das Durchhaltevermögen und dass man bereit ist, als Arzt eine dauerhafte Beziehung zu den Patienten und deren Eltern aufzuziehen.“ Und das gilt auch umgekehrt. Also, vertrauen Sie darauf, dass Sie einen Therapeuten haben, der das mit Leidenschaft macht, und sprechen Sie die Fragen, die Sie haben, unbedingt an! Schämen Sie sich für keine einzige Frage. Das ist, glaube ich, das Allerwichtigste in einer so langen Beziehung, die man dann auch führt, dass man offen aufeinander zugeht. Und dann kann man sich auch sicher sein, dass man gut versorgt ist.

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Wenn Sie Dr. Strack im Audio-Interview erleben möchten, können Sie das Gespräch hier nachhören – in unserem Paulinchen-Podcast.

Kostenfreie Beratungshotline: 0800 0 112 123 (täglich von 8 bis 20 Uhr besetzt).

Informationen zum Paulinchen-Seminar

Interaktive Karte mit Zentren für Schwerbrandverletzte und spezialisierten Kliniken mit Sprechstunden für Schwerbrandverletzte.